|
Hallo Lazi,
doch, doch, das sind Pollinien. Oder genauer gesagt: Pollinarien (= Pollinium und sein Anhefteorgan (Stielchen bzw. Klebkörper)). Die gibt es insbesondere bei Orchideen. Und genau von dort kommen sie auf die Falterköpfe. Insbesondere bei blütenbesuchenden Schwärmern findet man bei uns diese Gebilde doch recht regelmäßig, am häufigsten bei Sphinx pinastri. Dort sind es entweder Pollinarien von Platanthera bifolia (wenn die Gebilde auf den Augen hängen) oder Platanthera chlorantha (wenn die Gebilde am Rüssel (nahe dessen Basis) hängen.
Die Literatur dazu ist umfangreich. Am wichtigsten war:
NILSSON, L.A. (1983): Processes of isolation and introgressive interplay between Platanthera bifolia (L) Rich. and P .chlorantha (Custer) Reichb. (Orchidaceae). - Botanical Journal of Linnean Society, 325-350. Er zeigte, dass der unterschiedliche Abstand der Pollinienfächer bei P. chlorantha und P.bifolia dafür verantwortlich sind, wo die Pollinarien bei den Schwärmern landen - also auf den Augen oder am Rüssel; und genau das führt dazu, dass die beiden Pflanzen nur relativ selten Hybride ausbilden, obwohl sie dazu bestens befähigt werden: Pollen auf den Augen können nur von den Narben von P. bifolia abgenommen werden, solche auf dem Rüssel nur von Narben von P. chlorantha.
Aber das Thema ist viel umfangreicher, was bei mehr als 20.000 Orchideenarten und noch mehr Nachtfaltern auch nicht verwundert.
Pollinien kann man auch mal bei Gammaeulen finden. Aber nicht nur bei größeren Nachtfaltern.
Rennwald (1985: 45) zeigt ein Foto eines Gartenlaubkäfers (Phylloperta horticola) mit gleich 3 Pollininarien an Kopf und Hinterleib beim Blütenbesuch an Ophrys holosericea. Das dürfte nur ausnahmsweise zu einer erfolgreichen Bestäubung führen.
[Rennwald, E. (1985: zur Verbreitung und Gefährdung der Orchideen in der Ortenau unter besonderer Berücksichtigung des NSG Taubergießen. - Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftsflege Bad.-Württ., 42: 1-184.]
Und auch bei Tagfaltern kann man gar nicht selten Pollinarien finden, insbesondere bei Hesperiiden die Pollinarien der verschiedenen Arten von Gymnadenia und Nigritella. Bei denen dürfte die Bestäubung durch die Dickkopffalter eine größere Rolle spielen. Beim Arbeitskreis Heimische Orchideen Nordrhein-Westfalen (2018: 28) findest Du hierzu ein Foto das einen Ochlodes sylvanus mit 2 Pollinarien von Gymnadenia conopsea zeigt - der wohl häufigsten Kombination.
[Arbeitskreis Heimische Orchideen Nordrhein-Westfalen (Wilfried Kuhn, Dietmar Küpper, Mathias Lohr, Götz Heinrich Loos, Michael Luwe, Bernd Margenburg, Dieter Wenker, Günter Westphal & Dario Wolbeck) (2018): Die Orchideen Nordrhein-Westfalens. - https://www.researchgate.net/publication/327581479_Belohnen_Tauschen_und_Betrugen_-_von_den_Fortpflanzungsstrategien_der_Orchideen]
Und am umfänglichsten ausgearbeitet und mit diversen Bilder unterlegt gibt es das bei Eccarius (2022) [Zitat siehe https://aho-thueringen.de/wp-content/uploads/2022/07/Flyer_-Gymnadenia-4.pdf]
Auch bei Zygaenen ist das regelmäßig zu beobachten, wenn Gymnadenia in der Nähe stehen, z.B. hier diskutiert: https://www.lepiforum.de/2_forum_2017.pl?md=read;id=34025
Viele Grüße
Erwin Rennwald