Nemophora Prodigellus

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Bestimmungshilfe / Schmetterlingsfamilien / Adelidae (Langhornmotten)
EU M-EU 00351 Nemophora prodigellus (ZELLER, 1853) - Heilziest-Langhornfalter

1-4, ♂: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 25. Juni 2011, Eiablage in Blütenknospen von Stachys officinalis, nach Überwinterung seit 6. April 2012 in Zimmertemperatur, e.o. 1. Mai 2012 (leg., cult., det. und Fotos: Rudolf Bryner)
5-6, ♀: Funddaten wie Bild 1-4, e.o. 2. Mai 2012 (leg., cult., det. und Fotos: Rudolf Bryner) [Forum 1-6]
7, frisch geschlüpftes ♀: Funddaten wie Bild 1-4, e.o. 3. Mai 2012 (leg., cult., det. und Foto: Rudolf Bryner)
8, ♂: Schweiz, Basel-Land, Nenzlingen, 510 m, 26. Juni 2010, Tagbeobachtung (leg. Markus Fluri, Foto Rudolf Bryner, Determination nach Vorlage von durch Manfred Gerstberger, Berlin, determinierten Exemplaren)
9, ♀: Schweiz, Basel-Land, Liesberg, 600 m, 29. Juni 2010, Tagbeobachtung (leg. Markus Fluri, Foto Rudolf Bryner, Determination nach Vorlage von durch Manfred Gerstberger, Berlin, determinierten Exemplaren)
10-11, ♂: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 30. Juni 2010, Tagbeobachtung (leg. und Fotos: Rudolf Bryner, Determination nach Vorlage von durch Manfred Gerstberger, Berlin, determinierten Exemplaren) [Forum 8-11]
12-13, ♂: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 12. Juni 2011 (det. und Freilandfotos: Rudolf Bryner)
14, ♀: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 12. Juni 2011 (det. und Freilandfoto: Rudolf Bryner)
15-17, ♀ bei Eiablage an Blütenstand von Stachys officinalis: Funddaten wie Bild 7 (det. und Freilandfotos: Rudolf Bryner) [Forum 12-17]


Ausgewachsene Raupe

1, ausgewachsene Raupe in ihrem Sack (ca. 11 mm): Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 25. Juni 2011, Eiablage in Blütenknospen von Stachys officinalis, nach Überwinterung seit 6. April 2012 in Zimmertemperatur (leg., cult., det. und Fotos: Rudolf Bryner) [Forum]
2, verpuppungsreife Raupe, zum Fotografieren aus ihrem Gehäuse herausgeholt: Funddaten wie Bild 1 (Foto: Rudolf Bryner)
3, parasitierte Raupe in ihrem Sack (9 mm): Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, mit Stachys officinalis unbemerkt eingetragen am 12. Juni 2011 (leg., det. und Foto: Rudolf Bryner) [Forum]
4-5, Raupe in ihrem Sack (6 mm) vor Überwinterung: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 25. Juni 2011, Eiablage in Blütenknospen von Stachys officinalis (leg., cult., det. und Fotos im September 2011: Rudolf Bryner) [Forum]


Jüngere Raupenstadien

1-7: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 12. + 25. Juni 2011, Eiablage in Blütenknospen von Stachys officinalis (leg., cult., det. und Fotos: Rudolf Bryner) [Forum]
1-3: Sackloses Frühstadium (In der vollständig leergefressenen Blüte schiebt die Raupe allen Kot zum Blütenausgang hin. Erkennbar ist der für Adeliden-Jungraupen charakteristische Wulst auf dem 8. Hinterleibssegment.)
4-5: Jungraupe in ihrem ersten Sack (die Blütenkelch-Säcke sind nur eine kurze Übergangslösung von wenigen Tagen)
6-7: Jungraupe in typisch geformtem Erdsack (dies ist die Endform, in der Mitte eingeschnürt)
8, Jungraupe in atypischem Sack aus Kot und Genagsel unter suboptimalen Zuchtbedingungen: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, Eier an Blütenstand von Stachys officinalis eingetragen am 12. Juni 2011 (leg., cult., det. und Foto Ende Juni 2011: Rudolf Bryner) [Forum]


Fraßspuren und Befallsbild

1-5: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 12. + 25. Juni 2011, Eiablage in Blütenknospen von Stachys officinalis (leg., cult., det. und Fotos: Rudolf Bryner) [Forum]
1: Blütenkelch mit Raupenkot
2: Befallene Einzelblüte, Kelchblätter vorne weggeschnitten
3: Dieselbe Blüte aufgeschnitten - die Jungraupen fressen Stempel, Staubfäden und Fruchtknoten der Blüten.
4-5: Die Raupen leben jetzt unter den Blättern ihrer Nahrungspflanze, welche dem Boden direkt aufliegen, und fressen von unten Löcher in die Blätter.


Verpuppung

1, Verpuppungsvorbereitung einer parasitierten Raupe: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, mit Stachys officinalis unbemerkt eingetragen am 12. Juni 2011 (leg., det. und Foto: Rudolf Bryner) [Forum]

Die Raupe vergrub sich im lockeren Sand am Gefässboden, nachdem sie allerlei Erd- und Pflanzenteilchen an den Sack gesponnen hatte.


Puppe

1-3, ♀: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 25. Juni 2011, Eiablage in Blütenknospen von Stachys officinalis, nach Überwinterung seit 6. April 2012 in Zimmertemperatur, e.o. ab 1. Mai 2012 (leg., cult., det. und Fotos: Rudolf Bryner)
4-5, ♂, kurz vor Falterschlupf: Funddaten wie Bild 1-3 (Fotos: Rudolf Bryner)
6, Exuvie des unter Falterbild 1-4 abgebildeten ♂: Funddaten wie Bild 1-3 (Foto: Rudolf Bryner) [Forum 1-6]


Ei

1-2: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, an Blütenstand von Stachys officinalis, 12. Juni 2011 (det. durch Beobachtung der Eiablage und Fotos: Rudolf Bryner) [Forum]

Die Eier werden tief zwischen Kelch- und Hüllblätter der Einzelblüten abgelegt. Das Ei ist weiss und hat eine langgezogen ovale Form. Es ist rund 0,4 mm lang.



Diagnose

Die Fühlerbasis ist bei dieser Art unbeschuppt. Die Kopfhaare der Männchen sind schwarz. Das Weibchen hat kürzere Fühler, kleinere Augen und einen goldgelben Haarschopf auf dem Kopf. (Rudolf Bryner)

Männchen

1, ♂: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, extensiv genutzte Viehweide, 12. Juni 2011, Tagfang (leg., det. und Foto: Rudolf Bryner) [Forum]


Weibchen

1, ♀: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, extensiv genutzte Viehweide, 12. Juni 2011, Tagfang (leg., det. und Foto: Rudolf Bryner) [Forum]
2-3, ♀: Österreich, Niederösterreich, Daten siehe Etikett (fot.: Michel Kettner), coll. ZSM, "Klimesch-Sammlung"


Erstbeschreibung

ZELLER (1853: 67-69) [nach Copyright-freien Scans auf www.biodiversitylibrary.org]



Biologie

Lebensweise

Beobachtungsbericht vom 30. Juni 2010: Morgens um halb neun Uhr konnte ich auf der Magerwiese zuerst noch keine Falter der gesuchten Art entdecken. Gegen zehn Uhr begann aber mit einem Male der Tanz der Männchen, welche in Gruppen von wenigen bis über einem Dutzend in wildem Auf- und Abflug 1-5 Meter über der Vegetation schwärmten. Dabei stieg jeweils die ganze Gruppe hoch und liess sich wieder zwischen die höchsten Halme der Aufrechten Trespe fallen, um sich daran zu setzen und kurze Zeit später als ganze Gesellschaft erneut im Schwarme aufzusteigen. Die metallischen Flügel glänzten dabei in der Sonne.
Weibchen konnte ich vorerst keine sehen. Erst das Keschern der Vegetation führte zum Erfolg.
Gleichzeitig flogen hier zwei weitere Arten: Nemophora metallica und Adela violella.
Bericht: Rudolf Bryner [Forum]

1, Tanz der Männchen: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 12. Juni 2011 (det. und Freilandfoto: Rudolf Bryner)

12. Juni 2011: In den Mittagstunden bei strahlendem Sonnenschein flogen an derselben Stelle wie vor Jahresfrist über 50 Männchen und in der Vegetation zählte ich mehr als 10 Weibchen.
25. Juni 2011: Die Falter flogen noch immer: Ich notierte ein Dutzend Männchen und fünf Weibchen. Unterdessen waren die Blüten von Stachys officinalis aufgeblüht und man konnte den Befall durch die Raupen erkennen.
Bericht: Rudolf Bryner [Forum]

2-5, Bau des ersten Raupensacks aus einer leergefressenen Blüte: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 12. + 25. Juni 2011, Eiablage in Blütenknospen von Stachys officinalis (leg., cult., det. und Fotos: Rudolf Bryner)

Der vordere Blütenteil mit dem gesammelten Kot wird von der Raupe kreisförmig abgenagt und fällt zu Boden. Der hintere Blütenteil mit der Raupe löst sich aus dem Blütenkelch und fällt ebenfalls zu Boden. Die Basis des Blütenkelchs wird ausgesponnen und behält vorne und hinten eine Öffnung, die der Raupe abwechselnd als Kopfende dient. Der Wechsel von der einen zur anderen Öffnung geht oft sehr schnell von statten. Die Blütenkelch-Säcke sind jedoch nur eine kurze Übergangslösung von wenigen Tagen, bevor der endgültige Erdsack angefertigt wird. [Forum]

6-8: Zuchtanordnung in chronologischer Folge

Die oben geschilderten Beobachtungen gelangen in der ersten Zuchtanordnung: Ein mit mehreren Exemplaren von Stachys officinalis bepflanztes Plastikbecken wird in ein grösseres Becken gestellt. Damit sich kein Schimmel oder Mehltau bildet, bleiben die Becken oben offen und werden im Zimmer an einem besonnten Platz aufgestellt. "Fliehende" Raupen können im äusseren Becken gefunden werden.
Für die Überwinterung habe ich einen Teil der Raupen in mit Heil-Ziest bepflanzte Töpfe gegeben, welche ich seit einem Monat draussen aufgestellt habe. Im letzten Bild kann man die Frassspuren der Raupen gut erkennen. Die Raupen selbst bleiben aber sehr verborgen.

Nach der Überwinterung haben die Raupen nochmals kräftig gefressen und dabei die neu spriessenden Blättchen der Nahrungspflanze Stachys officinalis ratzeputz weggefressen. Die ovalen Erdsäcke mit den markanten Einschnitten auf beiden Seiten sind bei den erwachsenen Raupen bis 11 mm lang.

Vor der Verpuppung verkriechen sich die Raupen in ihren Säcken in lockere Erde, unter Steine oder leicht aufliegende Blätter, Holzstücke und ähnliches. Dabei guckt nur noch ein Ende des Sackes aus dem Boden hervor. Zusätzlich werden an die Kanten der Gehäuse ringsum Erd- und trockene Pflanzenteilchen angesponnen.
Zuchtbericht: Rudolf Bryner [Forum]


Habitat

1, Magerwiese: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 30. Juni 2010 (Foto: Rudolf Bryner)


Raupennahrungspflanze

1, Blütenrispen von Heil-Ziest (Stachys officinalis) kurz vor dem Aufblühen, Eiablageort: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 12. Juni 2011 (det. und Freilandfoto: Rudolf Bryner)
2, aufgeblühte Rispe von Heil-Ziest (Stachys officinalis), mit Jungraupen besetzt: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, 25. Juni 2011 (det. und Foto: Rudolf Bryner)


Nahrung der Raupe

Schon DISQUÉ (1901: 201) wusste von der Haderwiese bei Speyer (Rheinland-Pfalz) zu berichten: "Den Sack fand ich 5. 1900 in grösserer Zahl unter Betonica off., an deren Blüthen zweifellos die junge R. lebt. Erdsack ist breit, ziemlich flach und auf beiden Seiten in der Mitte eingebuchtet." Obige Fotoserie von R. Bryner aus der Schweiz bestätigt dies anschaulich.


Parasitoide

1, geöffneter Raupensack (9 mm) mit Parasitoid: Schweiz, Bern, Plagne, 830 m, Raupe mit Stachys officinalis unbemerkt eingetragen am 12. Juni 2011 (leg., cult., det. und Foto: Rudolf Bryner) [Forum]



Weitere Informationen

Andere Kombinationen

Synonyme


Taxonomie

HAUSENBLAS (2006) erwähnt den Vergleich von Lectotypen durch KOZLOV (2004), nach dem Nemophora prodigellus (ZELLER, 1853) der gültige Artname ist.


Faunistik

GAEDIKE & HEINICKE (1999) kannten die Art aus Deutschland nur durch Altangaben (vor 1980) aus Bayern. Dort gilt sie sowohl für die Region "Voralpines Hügel-und Moorland und Alpen" wie auch für die Region "Tertiär-Hügelland und voralpine Schotterplatten" als "0 - ausgestorben oder verschollen" (PRÖSE et al. 2003). GAEDIKE et al. (2017) konnten die Art für Bayern und Rheinland-Pfalz wieder mit Nachweis zwischen 1981 und 2000 anführen, für Baden-Württemberg mit Altnachweis vor 1980. HAUSENBLAS (2006: 5) erläuterte dazu: "Durch die Untersuchung und den Vergleich von Lectotypen konnte Kozlov (2004) feststellen, dass der hier verwendete Name für die im Deutschland- und Europaverzeichnis (Gaedike & Heinicke 1999, Karsholt & Razowski 1996) als Nemophora auricella (Ragonot, 1874) verzeichnete Art einzutreten hat. In der Hauptsammlung im SMNK befinden sich unter letzterer Bezeichnung Tiere von Speyer (Rheinland-Pfalz, vgl. Disque 1901a) und Eggenstein (LK Karlsruhe). Auch Reutti (1898, als N. prodigellus Z.) nennt zahlreiche Fundorte und wahrscheinlich gehen die letztgenannten, nördlich von Karlsruhe gesammelten Exemplare auf ihn zurück. Aus dem vorliegenden Material (4 Falter) wurde der Beleg mit den meisten verfügbaren Daten (1 d Eggenstein, 27.7.[18]84) nachgeprüft (GP- Nr. 357). Ebenfalls um diese Art handelt es sich bei einem zuvor als Nemophora fasciella (Fabricius, 1775) bestimmten männlichen Falter aus der Zeit Steudels in der Sammlung des SMNS (Stuttgart, 29.6.[18]73) (SMNS GP-Nr. 1082)."

(Autor: Erwin Rennwald)


Literatur


Informationen auf anderen Websites (externe Links)


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