Scythris Ventosella

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Bestimmungshilfe / Schmetterlingsfamilien / Scythrididae (Ziermotten)
EU M-EU 02185 Scythris ventosella CHRÉTIEN, 1907

1: Schweiz, Wallis, Zermatt, alpine Schuttflur, 3020 m, Raupe 28. Oktober 2017 an Herniaria alpina, Falterschlupf 21. November 2017 (cult., det. & fot.: Jürg Schmid) [Forum]



Diagnose

Geschlecht nicht bestimmt

1-2: Spanien, Daten siehe Etikett (fot.: Michel Kettner), coll. ZSM, "Klimesch-Sammlung", dort unter Scythris herniariae einsortiert. Jürg Schmid (E-Mail 12. Mai 2018 an E. Rennwald) wies uns darauf hin, dass das "Mallorca"-Etikett von E. Jäckh sicher falsch ist. Port Bou - amtlich heute Portbou - liegt ganz im Nordosten Spaniens am Mittelmeer an der Grenze zu Frankreich und damit nur rund 50 km südlich des Typenfundorts Canet.


Erstbeschreibung

CHRÉTIEN (1907: 179) [nach Copyright-freiem Scan auf www.biodiversitylibrary.org]



Biologie

Nahrung der Raupe

BENGTSSON (1997) erwähnt nur eine einzige Pflanzenart, die Silber-Mauermiere: "The species is reared from Paronychia argentea Lam. (according to Labels in MNHP [Paris], on specimen collected by Lucas)." Nähere Angaben werden nicht gemacht, da LUCAS aber primär in Nordafrika tätig war, dürfte die Angabe von dort stammen. Die Silber-Mauermiere ist eine typische Art niedrigwüchsig offener Sandböden, oft im Stabilisierungsbereich von Dünen zu finden und im gesamten Mittelmeerraum (aber auch auf den Kanarischen Inseln) zu finden.

BENGTSSON (1997) erwähnt zwar die Arbeit von DE JOANNIS (1908) mit dessen Beschreibung der zwischenzeitlich synonymisierten Scythris herniariae, hinsichtlich der Biologie wertet er diese Arbeit aber nicht aus. Dabei hatte DE JOANNIS (1908) darin eine detaillierte Raupenbeschreibung und berichtet, dass sein Bruder diese Raupen im Mai und wieder Ende Juni bei Plouharnel in der Bretagne in Sanddünen in leichten Gespinsten unter Kahlem Bruchkraut fand - daher dann auch der Artname "herniariae". Das Kahle Bruchkraut hat seinen Ursprung ebenfalls in stabilisierten Sanddünen und an Störstellen von Sandtrockenrasen und Sand-Heiden - in Mitteleuropa ist es heute vor allem in Pflasterritzen und trittbelasteten Sandböden zu finden. Die Pflanze ist - anders als der Falter - in Europa weit verbreitet.

SCHMID (2018) meldet die Art völlig überraschend aus den Hochlagen der Südschweiz, wo er die Falter in 3000 - 3040 m Höhe um Pflanzen des Alpen-Bruchkrauts fand, mit der er die Tiere dann auch züchtete. Auf Anfrage ergänzte er (per e-Mail am 12. Mai 2018 an E. Rennwald): "Ich habe verschiedentlich Freilandraupen in Polstern von Herniaria alpina gefunden und eingetragen, auch wenn ich das so in meiner Arbeit nicht explizit erwähne."

Allen drei Nelkengewächsen (Caryophyllaceae) gemeinsam ist, dass sie am Boden anliegende mehrjährige kleine Polster bilden, unter denen sich die Raupe ihre lockeren Gespinste anlegen kann.



Weitere Informationen

Synonyme


Taxonomie und Faunistik

Locus typicus ist Canet (Pyrénées-Orientales) im Süden von Frankreich nahe der Grenze zu Spanien. Die nur ein Jahr später beschriebene und jetzt synonymisierte Scythris herniariae JOANNIS, 1908 hat ihren locus typicus in den Sanddünen von Plouharnel in der Bretagne, also ebenfalls Frankreich. CARADJA (1920: 144) verglich die von ihm als neue Art vorgestellte Scythris canetella mit Scythris schleichiella, nicht aber mit S. ventosella - sonst hätte ihm auffallen müssen, dass beide bei Canet in den Pyrénées-Orientales gesammelt wurden. ZERNY (1935) verglich seine Tiere der von ihm von Tizi n'Tachdirt [Tizi N'Tacheddirt] (der Ort liegt bei über 2300 m im Atlasgebirge, Marokko) beschriebenen Scythris jugicolella mit Scythris braschiella, Scythris cicadella und Scythris pulicella, also ebenfalls nicht mit S. ventosella.

Nach der Zusammenstellung von SCHMID (2018) war die Art ansonsten nur noch von den Zentral-Pyrenäen (Frankreich), Nord-Portugal und Süd-Spanien bekannt; unser oben gezeigter Fund von Port Bou liegt 50 km südlich von Canet schon knapp in Spanien. SCHMID selbst meldet den völlig überraschenden Erstnachweis für die Schweiz, der nicht nur den bis dato östlichsten Fundpunkt der Art bildet, sondern mit der Höhenangabe 3000 bzw. 3040 m auch den bei Weitem höchstgelegenen. Die steilen Südwesthänge in der Zermatt-Region (Walliser Hochalpen) sind durch noch höhere Berge vor häufigen Niederschlägen abgeschottet und werden an Sommernachmittagen am Boden - also dort wo die Raupen leben - so heiß wie in westmediterranen Küstenregionen. Interessanterweise konnte SCHMID (2018) über Barcode-Identität eines seiner Exemplare mit einem Tier aus den Zentral-Pyrenäen berichten. Er schließt daraus, dass die Isolation der Vorkommen erst nacheiszeitlich geschah. Zu ergänzen wäre, dass die in den Alpen festgestellte Nahrungspflanze Alpen-Bruchkraut nicht nur in den Alpen vorkommt, sondern auch in den Zentral-Pyrenäen. Es wäre sicher interessant, hier auch noch einen genetischen Vergleich mit Tieren aus der Küstenregion vorzunehmen.

(Autor: Erwin Rennwald)


Literatur


Informationen auf anderen Websites (externe Links)


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